Home of the rising Steelheads

Das Fischen mit der Trockenfliege gilt zurecht als wahre Königsdisziplin. In British Columbia jedoch verändert es ein ganzes Fliegenfischerleben.

Sollte Ihnen an den Ufern des Copper River einmal jemand mit kreidebleichem Gesicht, schlotternden Knien und einem Herzschlag den Sie selbst zu hören meinen begegnen, haben Sie allen Grund optimistisch zu sein. Dies mag zwar so klingen, als wäre der Autor dieser Zeilen endgültig dem Wahnsinn verfallen, ist aber pure Realität!

Obwohl man meinen möchte, der arme Mann hätte einen Herzinfarkt erlitten nachdem ihm ein Bär auf die Wathose pinkelte, wurde ich in Wirklichkeit ungewollt Zeuge eines Glücksrausches. Genauso drückte es der amerikanische Fliegenfischer nämlich aus, als er meine Frage, ob ich Hilfe holen sollte höflich ablehnte und mir stockend den Grund für seinen Zustand erklärte: Er hatte gerade seine erste Steelhead mit der Trockenfliege gehakt, sie gedrillt und zurückgesetzt. Er schätzte den Fisch auf etwa 16 Pfund. "Versuch´ es auch die Steelheads steigen immer noch!", war der erste vollständige Satz, den mir der lädierte Ami zu sagen in der Lage war. Und tatsächlich: Nach einigen Minuten sah ich tasächlich Ringe an der Oberfläche, etwa acht Meter vom Ufer entfernt. Es sah nicht viel anders aus als der typische kleine Schwall, den eine Bachforelle hinterläßt, die sich eine Eintagsfliege aus dem Oberflächenfilm meines Kärntner Heimatgewässers pickt.

Christoph Nachtigall, der Besitzer der Old Remo Fishing Lodge nahe Terrace hat mich zwar mit einigen Steelhead Bombers versorgt, als Kanada-Neuling rechnete ich insgeheim aber nicht damit, mit ihnen erfolgreich zu sein. Auf einen Versuch mußte ich es aber ankommen lassen. Also, Fliege ans Vorfach, Schnur abziehen und ab damit aufs Wasser. Der Bomber setzte etwa vier Meter vor dem letzten Ring auf. Ich atmete gerade noch einmal tief durch als die Fliege über die vermeintliche Position des Fisches driftete. Da machte es auch schon "Plitsch" und sie war genommen. Ich weiß nicht woher ich die Geistesgegenwart nahm, einen sauberen Anhieb zu setzen, aber irgendwie schien alles zu passen. Die Schnur raste von der Rolle und ein noch nie zuvor erlebter Drill nahm seinen Anfang.

Etwa fünfzehn Minuten später war der Fisch gelandet. Ich schätze ihn auf ca. 14 Pfund, aber ich fühlte mich als hätte ich einen notgeilen Zuchthengst durch einen Stall voller Stuten bugsiert. Den Zustand des Amerikaners, der zwischenzeitlich schon wieder auf den Beinen ist und mir unter einem Schwall von Gratulationen dauernd auf die schmerzende Schulter klopft, verstehe ich nun vollkommen. Ich muß mich setzen, zu Atem kommen und realisiere erst langsam, was tatsächlich passiert ist. Meine Knie zittern und in der Stille Kanadas höre ich mein Herz nur allzu deutlich schlagen. Meine arme mit denen ich die Rute hochgehalten und gegen meine Magengrube gestemmt habe, spüre ich kaum noch.

Und trotzdem fühle ich mich in diesen Momenten als Fliegenfischer wie neu geboren, so als hätte sich eine Tür geöffnet und mich in die heiligsten Hallen meiner Passion eingelassen. 

 

Jordan M.

 

...Sie hat die Trockene genommen...!!

Steelhead Drill

Steelhead mit der Trockenen!!!

 

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